Probenfotos: Alessandro De Matteis - Video stills: Michael Maurissens


 

 

Premiere: 30.10.2021

Ringlokschuppen Ruhr Mülheim (D)

Preview 07.-10.10.2021

Théâtre du Crochetan Monthey (CH)

 

6 Performer, 1 Techniker 

Raum: 12 m x 12 m

Aufführungsdauer: ca. 1:00 h

  

In Koproduktion mit: Théâtre du Crochetan Monthey, Theater im Ballsaal Bonn,

Ringlokschuppen Ruhr Mülheim

 

Gefördert durch Kunststiftung NRW, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen,

NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste, Bundesstadt Bonn, Pro Helvetia, Theatre-ProVS, Le Conseil de la Culture Etat du Valais, La Loterie Romande.

Unterstützt durch das

NATIONALE PERFORMANCE NETZ Koproduktionsförderung Tanz,

gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Malévoz Quartier Culturel.

  

Von und mit: Cristina Commisso, Álvaro Esteban, Clémentine Herveux, Marin Lemić, Colas Lucot, Susanne Schneider/ Margaux Dorsaz - außerdem Recherche: James Batchelor, Fa-Hsuan Chen, Martina De Dominicis, Silvia Ehnis, Mijin Kim, Manuel Kisters, Frédéric Voeffray • Choreografie: Rafaële Giovanola • Dramaturgie: Rainald Endraß • Komposition: Franco Mento, Jörg Ritzenhoff • Bühne, Lightdesign: Peter Behle, Boris Kahnert • Kostüme: Fa-Hsuan Chen • Workshops Standardtanz: Yulia Lorenz, Paul Lorenz, Randolph Han, Workshop Forró: Charlotte Brohmeyer, Eduardo Lima • Künstlerische Beratung: Mélisende Navarre • Pressearbeit, social media: Lena Busse, Maud Richard, Fabiana Udhart • Produktionsleitung: Lena Peters, Maxime Rappaz • Management: Mechtild Tellmann, Köln / Management Schweiz, Österreich, Frankreich: GROUNDWORKERS, Wien 

über STANDARD

 

In STANDARD steht alles auf dem Kopf: die Körper, als auch unser Bild vom Gesellschaftstanz. Als die Verkörperung von Menschsein, Würde und Disziplin, ja gar als Zivilisationsprozess besitzt der Gesellschaftstanz über Jahrhunderte gesellschaftlichen Modellcharakter und ist damit ein spannendes Widerspiel zum Zeitgenössischen Tanz. In ihm spiegeln sich Paradoxa aus Freiheit und Kontrolle, Improvisation und Notation, Verlangen und Selbstführung. Gesellschaftstanz wird von CocoonDance rein als Körperkonzept aufgefasst, nach dessen Essenz befragt, dekonstruiert und im Hinblick auf eine eigenständige neue Bewegungsform und Körperlichkeit transformiert. Das Interesse

gilt vor allem dem menschlichen Habitus, den der Gesellschafts-tanz verkörpert. CocoonDance denken die normierten Körperbilder des Standardtanzes neu, um sie zu überwinden. Die daraus erwachsenden alienhaften Kreaturen, führen uns in eine Welt von schwankender Eleganz. Der so neu gedachte Körper vermag seine soziale Konstruktion ebenso bewusst zu machen, wie die Freiheit, uns immer wieder in neuer Gestalt zu erfinden.

 

PRESSESTIMMEN in Auszügen

 

Standard der Compagnie Cocoondance ist ein grandioses Stück … Zeitgenössische Choreographen haben sich bereits für Amateur-tänze und Gesellschaftstänze wie den Tango interessiert, wobei sie die Codes so genau wie möglich respektiert haben …

Die Schweizerin Rafaële Giovanola hat ein Forschungsprojekt in Angriff genommen … um das technische Vokabular des Duetts

völlig neu zu überdenken, indem sie es dekonstruiert und den Begriff des Paares in Frage stellt, indem sie versucht, eine neue Art von tanzendem Körper hervorzubringen. … Standard, brillant dargeboten von drei Männern und drei Frauen (Marin Lemic, Colas Lucot, Álvaro Esteban, Clémentine Herveux, Cristina Commisso, Susanne Schneider), schlägt ungewohnte menschliche Haltungen vor, erstaunliche Arten den Raum zu durchqueren, außergewöhn-liche Bewegungsabläufe, die man vergeblich versucht mit bekannten Ausdrücken oder Verhaltensweisen in Verbindung zu bringen. (Nicolas Villodre, Paris, 09.10.2021, TouteLaCulture.fr)

 

Sehr, sehr sehenswert. (Laura, kritik-gestalten.de, 31.10.2021)

 

Auf jeden Fall ein sehr interessanter und auch sehr konsequenter Abend. (Stefan Keim, Scala-WDR 5, Mosaik-WDR 3, 02.11.2021)

 

... ein glücklicher Zufall, dass die CocoonDance Company in Mülheim unter dem Titel Standard ein brillantes, bestaunenswertes Stück Tanztheater uraufführte. Die sechs Tänzer gehen fast 60 Minuten lang in den Vierfüßlerstand, recken den Po hoch und verwandeln sich in - ja, in was eigentlich? Seltsame Wesen schleichen wie Raubtiere über den spiegelnden Tanzteppich, gleiten, hoppeln, springen, nehmen Kontakt auf, getrieben vom Rhythmus elektronischer Musik. Nicht nur die Zwangshaltung der Tänzer - der dauernd gesenkte Kopf würde jeden untrainierten Menschen nach zwei Minuten in Ohnmacht fallen lassen - nötigt Respekt ab. Das ist hypnotischer, hypermoderner Tanz mit einem noch nie gesehenen Bewegungsrepertoire. Fantastisch! (Bettina Jäger, Britta Helmbold, Klaus Stübler, Ruhrnachrichten – Dortmunder Zeitung, 03.11.2021)

 

Die Bonner Company CocoonDance stellt die normierten Körperbilder in ihrer Produktion "Standard" buchstäblich auf den Kopf. Die Choreografie von Rafaele Giovanola ist Teil einer langfristigen Erforschung von kulturellen Körperkonzepten. …

Die spiegelnde Tanzfläche verdoppelt alle Bewegungen, aus den Händen auf dem Boden wachsen imaginäre körperliche Zerrbilder, alle Teile scheinen sich aufzulösen. Im Lichtdesign von Peter Behle und Boris Kahnert leuchten mitunter einzelne Körperfragmente auf, der vibrierende Klangteppich von Franco Mento und Jörg Ritzenhoff liefert das rhythmische Fundament für die dekonstruktive Erforschung der disziplinierten Körperfiguren. ... Das Ensemble meistert die physisch ungeheuer anstrengende Herausforderung bravourös und kehrt am Ende doch wieder zum aufrechten Gang zurück. Nach einer intensiven Stunde langer Beifall für die Premiere. (Elisabeth Einecke-Klövekorn, General-Anzeiger Bonn, 13.11.2021)

 

„Standard“ lautet der Titel dieser faszinierenden Arbeit von CocoonDance. Dabei gibt es kaum einen Begriff, der auf den ersten Blick weniger auf diese entrückte Welt zuträfe. Er bezieht sich auf den Gesellschaftstanz. … Aufgefasst als reines Körperkonzept, hat die Choreografin Rafaële Giovanola seine Einzelteile dekonstruiert und in eine eigene Tanzform transformiert, um die tradierten Körperbilder zu überwinden und ist im Vierfüßler angekommen: Sie hat einen völlig neuen Körper, ja ein neues Wesen erschaffen, das ein wenig an Xavier Le Roys Kopffüßler von einst erinnert. Und sie hat ihm ein ganz eigenes,  staunenswertes Bewegungsvokabular gegeben. … CocoonDance hat sich mit seinen Recherchen über den „ungedachten Körper“ der ästhetischen Abstraktion verschrieben. Ein geradezu philosophischer Ansatz. Dabei sind bislang starke Werke entstanden. Die Qualität des international erfolgreichen Ensembles um Giovanola und den Dramaturgen Rainald Endrass hat vor allem zu tun mit einem intellektuellen Überbau, der auch auf Forschungsergebnissen beruht. … Erstaunlicherweise führt der zivilisierteste aller Tänze in die Natur. Die engen, silbernen, schwarzen und dunkelblauen Hosen glänzen wie Reptilienhaut. Die bloßen Oberkörper sind gemustert durch farbige Tape-Streifen. Die drei Tänzerinnen und drei Tänzer durchleben einen Prozess, angetrieben von einer stark rhythmisierenden Soundcollage. In überraschenden Variationen und Konstellationen durchkreuzen und durchqueren sie den Raum, halten inne. Blicken durch die geöffneten Beine ins Publikum. Ihr Repertoire, ein Mix aus Ballett, Standardtanz, zeitgenössischem Tanz und Yoga, ist beeindruckend. … Ein Modell für die Tanzschule ist das nicht. Aber eine tolle Utopie. (Bettina Trouwborst, tanzweb.org, Abruf: 14.11.2021)

 

Kopf nach unten, nackter Rücken zum Publikum gewandt, haben sie in ihren mit den Händen vollzogenen "Tanzschritten" etwas Erschreckendes und Faszinierendes zugleich. Körper-Wesen ohne Gesicht, deren Muskelbewegungen dem Publikum Kraft vermitteln. Fast etwas bedächtig, abwartend, zum Angriff bereit, erinnern die von den Performern dargestellten Figuren mehr an Fauna als an Menschen. Man sollte es offenlassen. Denn trotz dieses Streiches, den uns unser Bewusstsein bei der Betrachtung spielt, handelt es sich doch nur um eine fokussierte Studie über spezifische Bewegungsabläufe, deren Spuren im Rücken-Apparat abzulesen sind. Später, am Ende merkt man vielleicht einen Prozess, denn die - gewiss sehr anstrengende - Kopfüberhaltung entwickelt sich weiter, bis hin zu einer Pärchenbildung, die schließlich zu einer weiteren Koagulation führt. Kopf neben Kopf, Schulter an Schulter werden aus zwei vierbeinigen Wesen erst eins, und dann verschmelzen die drei Zweiergruppen zu einem großen Ganzen. Eine weitere Rückentwicklung vom Individuum zu einer Urmasse? Vielleicht. Faszinierend - auf jeden Fall. (Christian Oscar Gazsi Laki, Westdeutsche Zeitung, 15.11.2021)

 

CocoonDance begeistert mit "Standard" - ein beeindruckender Abend der Bonner Compagnie (Unterzeile) - Der beeindruckende Abend der Bonner Compagnie bildete den Abschluss des dies-jährigen Move-Festivals. Entwickelt wurde das Programm "Standard" aus der Auseinandersetzung mit dem Gesellschaftstanz mit gänzlich entgegengesetzten Formen und Positionierungen der Körper. ... Ihre Körper können das, was Schöpfung und Evolution für uns vorgesehen haben. In der Bewegung auf Händen und Füßen gibt es lange, aber keinesfalls langweilige Passagen, in denen der Zuschauer auf die nackten Rücken der sechs Tänzer blickt. Das Muskelspiel und die deutlich erkennbaren Sehnen und Knochen wecken unerwartete Gefühle beim Zuschauer. Denn diese Rückenpartien erwachen zu eigenen Wesen, die ihrem Publikum etwas zu erzählen scheinen. Von ihrer Eigenständigkeit, von der ständigen wellenförmigen Wiederholung des Lebenszyklus, von der Möglichkeit der Zu- und Abwendung. Mal finden sich zwei und zwei und zwei zusammen, dann drei und drei und schließlich alle sechs. Sie folgen dem Rhythmus der Töne und nehmen das Publikum mit in eine andere Welt. … In Krefeld tanzten fabelhaft und faszinierend Cristina Commisso, Álvaro Esteban, Clémentine Herveux, Marin Lemic, Colas Lucot und Margaux Dorsaz. (Christina Schulte, Rheinische Post - Krefeld, 15.11.2021)

 

Verblüfft realisiert man, dass man als Zuschauer nach einiger Zeit die dem Zuschauer meist zugewandten Rücken und Hinterköpfe als die Vorderansicht der fremden Wesen wahrnimmt, die mit einer unerklärlichen Magie gefangen nehmen. Man ist bereit, die Wesen als asexuelle neue Bewohnerinnen oder Bewohner unserer Welt zu akzeptieren. … Die Performerinnen und Performer bewegen sich mal im Pas-de-deux, mal einzeln, mal in größeren Formationen. Auf dem spiegelnden Tanzboden des Ringlokschuppens zeichnen sich wunderschöne Bilder ab, die abstrakten Skulpturen gleichen. …

Die makellose Choreografie von Rafaële Giovanola versetzt uns optisch und akustisch in eine neue, fremde Welt. Die macht neugierig und weckt die Entdeckerfreude eines Biologen. Die Wesen haben Freiheit gewonnen von den Regeln des menschlichen Seins, aber an Disziplin mangelt es ihnen nicht. Und an Würde nicht minder. (Dietmar Zimmermann, Theaterpur.net, Abruf: 11.12.2021)

 

Eine körperliche Höchstleistung, die den anwesenden Zuschauern den Atem raubt: Fast eine Stunde lang tanzen die sechs Tänzerinnen und Tänzer von CocoonDance mit dem Kopf nach unten, auf allen Vieren, oder in der Hüfte wie ein Klappmesser zusammengefaltet. Sie sehen aus wie eine seltsame Mischung aus Insekt und Außerirdischem, die Bewegungen haben etwas Tierisches, Kreaturhaftes, als sei eine neue Spezies auf der Erde gelandet.

Die gesamte Komposition von "Standard" ist einfach perfekt: hypnotische, eintönige Beats (Franco Mento), eine kalte, bläuliche Lichtstimmung (Boris Kahnert, Peter Behle), das futuristische Design der Kostüme (Fa-Hsuan Chen), das zwar viel Haut zeigt, aber nicht zu viel offenbart - all diese Komponenten laden den Zuschauer ein, in ein faszinierendes Parallel-Universum einzutauchen, in dem die Gesetze der menschlichen Natur aufgelöst zu sein scheinen.

Kaum zu glauben, dass die sechs Ensemblemitglieder es nach Ende dieses außergewöhnlichen Tanzstücks schaffen, sich wieder gerade aufzurichten und in gewöhnliche Menschen zurückzuverwandeln. Zu Recht belohnt das Publikum die Erschafferin dieses fantastischen Science-fiction-Tanz-Trips mit lang anhaltendem, enthusiastischem Applaus und Standing Ovations.

Die Schweizer Choreografin Rafaële Giovanola hat sich mal wieder selbst übertroffen - und das ganz ohne opulentes Bühnenbild oder überbordende Dramaturgie. Wie schon in ihrem mit dem "Faust Theaterpreis" dotierten Werk "Sphinx" erfindet sie gemeinsam mit dem Ensemble neue Bewegungstechniken, formt aus menschlichen Körpern alienhafte Kunstwesen und stellt damit die Tanzwelt im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf. (Natacha Olbrich, Allgemeine Zeitung Mainz-Rheinhessen, 22.03.2023)